Unterrichtsstörungen: Prävention auf der Unterrichtsebene
Kooperationsbereitschaft der Schüler
Auch Lohmann führt mehrere Bereiche an, um eine Abstimmung der Lernumgebung auf die Bedürfnisse der Schüler zu erreichen. Zu den Bereichen gehören auch die Bedeutung und der Sinn und somit die Relevanz für Lernen und Leistung, das Autonomie- und Kompetenzerleben sowie Transparenz und Differenzierung.
Um die Kooperationsbereitschaft der Schüler zu gewinnen und ihre Neugierde zu wecken, bietet es sich an, den Lernstoff interessant zu gestalten und den Schülern die Sinnzusammenhänge des Lernstoffes zu verdeutlichen. Das transparente Darstellen der Lernziele und das Formulieren der Anforderungen vermindert die Gefahr von falschen Erwartungen. Ein Einräumen von Einflussmöglichkeiten für die Schüler auf die methodische Gestaltung des Unterrichts schafft das positive Gefühl einer gemeinsamen Organisation von Unterricht.
Breite Aktivierung
Ihre Wünsche sind dementsprechend darauf ausgerichtet, dass es leiser sein soll, alle Schüler zuhören und mitarbeiten und jeder die Gelegenheit bekommt, sich zu äußern. Und auch die Unterrichtsthemen sollen interessanter sein.
Köster fasst die Ergebnisse dieser Umfrage zusammen und kommt zu dem Ergebnis, dass eine aktivere Mitarbeit und Beteiligung aller Schüler eine wesentliche Präventivmaßnahme darstellt.
Nolting beschreibt diese Vermeidung der Unterrichtsstörung als eine Maßnahme zur Unterrichtsstörungen-Prävention auf der Unterrichtsebene durch eine breite Aktivierung, die an erster Stelle des Unterrichtens steht und Teil des Lehrerverhaltens ist. Hierbei fließen auch Befunde zur Überdrussvermeidung aus der Kounin-Studie mit ein, bei der das Aufrechterhalten des Gruppenfokus zur Reduzierung von Störungen im Mittelpunkt steht.
Laut Kounin werde das Aufrechterhalten des Gruppenfokus dadurch unterstützt, dass möglichst viele Schüler aktiviert werden. Dies integriert auch die Schüler, die gerade nicht dran sind. Diese Stimulierung der breiten Aufmerksamkeit, also die Mobilisierung der Gruppe, wird durch das Rechenschaftsprinzip erreicht, wobei die breite Aufmerksamkeit stimuliert und eine breite Leistungskontrolle erfolgt. Wenn in der Klasse bei möglichst vielen Schülern das Gefühl entsteht, angesprochen zu sein und oft vom Lehrer drangenommen zu werden, ist die Gruppenmobilisierung erfolgreich. Mögliche Fragen vom Lehrer sind an die gesamte Klasse zu stellen, wobei vermieden werden soll, dass die Frage an einen Schüler direkt gerichtet ist. Das Beispiel: „Martin, kannst du mir sagen…“ zeigt einen kontraproduktiven Ansatz, da hierdurch das direkte Benennen eines Schülers die restlichen Schüler der Klasse ausgeklammert und nicht mehr in die Frage miteinbezogen werden. Hier bietet es sich an, die Frage an alle gerichtet, ohne Namensnennung zu stellen und den Blick durch das Klassenzimmer wandern zu lassen. Eine kurze Bedenkzeit zwischen Frage und Wahl des Schülers zur Beantwortung der Frage ermöglicht auch langsameren Schülern die Beantwortung der Frage. Der individuellen Einholung der Antwort ist allerdings auch hier die Beantwortung der Frage durch möglichst viele Schüler vorzuziehen. So können unterschiedliche Denkweisen der Schüler offenbart und nachvollzogen werden. Die kollektive Mobilisierung stellt somit für alle eine Bereicherung dar.
Gleichzeitig warnt Nolting davor, ein Klima der Angst zu schüren, in dem die Schüler sich vor Bloßstellung fürchten und das Drannehmen als Bedrohung empfunden wird. Die Kunst der breiten Aktivierung liegt hierbei darin, das Prinzip des unvorhersehbaren Aufrufens beizubehalten und gleichzeitig durch die eigene Empathie eine fehlerfreundliche Unterrichtsatmosphäre zu schaffen.
Weitere Formen von breiter Aktivierung bieten sich, nach Nolting, außerdem in der Stillarbeit und Gruppenarbeit an. Um ein Gelingen der breiten Aktivierung in Einzelarbeit oder in der Gruppenarbeit zu erreichen, ist es jedoch nötig, eine breite Kontrolle durchzuführen. Nolting spricht hierbei von häufigen, kleinen Leistungskontrollen, wie Blicke auf möglichst viele Tische oder das Einsammeln von Stichproben schriftlicher Bearbeitungen der Schüler.
Bei der Gruppenarbeit muss je nach Form der Gruppenarbeit darauf geachtet werden, dass die individuelle Verantwortlichkeit der Schüller nicht innerhalb der Gruppe an einige wenige abgegeben wird und die Gruppenleistung aller gewahrt bleibt. Das Kenntlichmachen individueller Beiträge innerhalb der Gruppe oder individuelle Äußerungen zum Gruppenthema im Plenum können diese breite Aktivierung auch in Gruppenarbeiten unterstützen.
Damit eine breite Aktivierung geschehen kann, ist es wichtig, den von Kounin formulierten Überdruss durch eine überlegte Unterrichtsgestaltung entgegenzuwirken. In dieser liegt der Akzent auf Inhalte, Aufgaben und Methoden, sodass die Schüler zur Mitarbeit angeregt werden. Für die aktivierende Mitarbeit ist es außerdem hilfreich, die Beiträge der Schüler zu würdigen. So können sie beispielsweise an die Tafel geschrieben werden, Skizzen, Zeichnungen oder andere Darstellungsformen innerhalb der Klasse aufgestellt oder symbolische Belohnungen und Lob verteilt werden, ohne sie abzunutzen.
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